




Sieben Winter in Teheran
Regie: Steffi Niederzoll – Dokumentarfilm, 97 min, Farbe, Deutschland, Frankreich, 2023
Teheran, 7. Juli 2007: Reyhaneh Jabbari, 19, hat ein Geschäfts-treffen mit einem neuen Kunden. Ein ganz normaler Tag, der ihr Leben jedoch für immer verändern wird. Denn als der Mann versucht, sie zu vergewaltigen, ersticht sie ihn in Notwehr und flieht. Am gleichen Tag wird sie verhaftet und bald darauf des Mordes angeklagt. Trotz vieler Beweise, die auf Notwehr hindeuten, hat Reyhaneh vor Gericht keine Chance, da ihr Vergewaltiger ein mächtiger und exzellent vernetzter Mann war, der – selbst nach seinem Tod – von der patriarchalischen Gesellschaft geschützt wird. Reyhaneh wird zum Tode verurteilt. Ihr persönlicher Kampf für die Gerechtigkeit beginnt.
Dank heimlich aufgenommener Videos, die von Reyhanehs Familie zur Verfügung gestellt wurden, ihrer Zeugenaussagen, der Briefe, die Reyhaneh im Gefängnis geschrieben hat, und anderer Archive zeichnet der Film den Prozess, die Inhaftierung und das Schicksal dieser Frau nach, die zum Symbol des Widerstands wurde. Ihr Kampf für die Rechte der Frauen spiegelt den Kampf so vieler Frauen wider, nicht nur im Iran.
Pressestimmen
»Ein Aufruf zum Widerstand gegen die Unterdrückung« –
– ARD –
»Ein unendlich wichtiger Film«
– Journey into Cinema –



74. Internationale Filmfestspiele Berlin 2023: Kompass-Perspektive Preis für den besten Film der Sektion Perspektive Deutsches Kino

CPH:DOX: F:act Award

Biografilm Festival 2023: Best Film Award / International Competition

Friedenspreis des Deutschen Films – Die Brücke (Spezialpreis)
Über den Film
»Wie überwindet man das Gefühl der eigenen Ohnmacht und leistet Widerstand?
Gebannt verfolgen wir die Geschichte einer jungen Frau, die sich der institutionalisierten männlichen Gewalt widersetzt. Dabei entsteht das einfühlsame Porträt einer Familie, die im Kampf gegen ein Unrechtsregime zerrissen wird. Anhand einer Vielfalt von dokumentarischen Materialien spannt der Film einen stringenten Erzählbogen.
Dieser Film tut weh und verstört. Gleichzeitig ist die Begegnung mit der jungen Protagonistin Reyhaneh inspirierend und lässt uns mit einem Funken Hoffnung zurück.«
– Jurybegründung Kompass-Perspektive-Preis für den Besten Film – Internationale Filmfestspiele Berlin 2023 –
Mah-e Asal – Die Inspiration für die TV-Show im Film
„Mah-e Asal“ (übersetzt aus dem Iranischen in „Flitterwochen“) mit Moderator Ehsan Alikhani war eine tägliche iranische Talkshow, die von 2007 bis 2018 während des heiligen Monats Ramadan gesendet wurde und Millionen von Zuschauern im ganzen Land begeisterte. Die Sendung wurde regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem iranischen Justizsystem ausgestrahlt und widmete dem Thema Nachsicht und Vergebung mindestens eine Folge pro Staffel. Das ist kein Zufall, denn in den Monat Ramadan fällt die intensivste Zeit der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für Nachsicht. Dieser Monat, der am besten für das Fasten bekannt ist, ist auch die Zeit, in der die Muslime ihre körperlichen Bedürfnisse für eine tiefe spirituelle Erkundung zurückstellen und ihren Geist der Großzügigkeit und des Mitgefühls wieder aufleben lassen.
Im Juni 2018 wurde im Rahmen einer Spendenaktion von „Mah-e Asal“ der Gegenwert von 7 Millionen US-Dollar von iranischen Bürgern aufgebracht – ein Betrag, mit dem die Blutschulden von Hunderten von Gefangenen beglichen wurden. „Mah-e Asal“ diente als Inspiration für die Sendung „The Joy of Forgiveness“ in YALDA: vom gut gekleideten, charismatischen Moderator Omid (Arman Darvish) über die opulente, vergoldete Möblierung auf der Bühne bis hin zum eifrigen Live-Publikum, das aufgefordert wird, per SMS an der Show teilzunehmen.
Die Qisas–Wiedervergeltung
Nach dem iranischen Strafgesetzbuch (Iranian Penal Code – IPC) kann Mord mit Qisas bestraft werden. Damit ist gemeint, dass die Familie des Opfers eine Vergeltung als Todesurteil verlangen kann. Die Familienmitglieder können jedoch anstelle eines Todesurteils auch Blutgeld (Diya) verlangen oder einfach Vergebung gewähren. Qisas für Mord wird im islamischen Recht (Scharia) erwähnt. Da das Strafgesetzbuch auf der Scharia basiert, erwägen die iranischen Behörden, Qisas zu verbieten, als rote Linie die sie nicht überschreiten dürfen. Die iranischen Behörden behaupten, dass Qisas ein privates Recht ist, das die Behörden nicht leugnen oder kontrollieren können. Auf diese Weise legen sie die Verantwortung für das Todesurteil auf die Schultern der Familie des Mordopfers. 2019 waren mehr als 80% aller Hinrichtungen im Iran Qisas-Hinrichtungen.
In den letzten vier Jahren hat die Vergebungsbewegung erheblich zugenommen. Zivilgesellschaftliche Gruppen wie die Imam-Ali-Hilfsgesellschaft, LEGAM (Schritt für Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe) und andere lokale und nationale Kampagnen haben sich aktiv für Vergebung anstelle der Todesstrafe eingesetzt. Künstler, Fernsehprominente und Menschenrechtsaktivisten haben die Bürger öffentlich dazu aufgerufen, das Leben der zum Tode Verurteilten zu schonen, und die Medien haben mitfühlend darüber berichtet. Diese Bewegung hat in den letzten Jahren zur Aufhebung der Todesurteile von Hunderten von Gefangenen geführt. Darüber hinaus hat die Vergebungsbewegung wesentlich dazu beigetragen, die Abschaffung der Todesstrafe und die Debatte über die Todesstrafe als Strafe zu fördern.
Interview mit
ZEIT ONLINE: Fühlt man sich als iranischer Regisseur manchmal wie ein inoffizieller Botschafter seines Landes, der einem ausländischen Publikum die Geschichten und Gesichter zu den Schlagzeilen liefern muss, die aus der Heimat kommen?
Massoud Bakhshi: Ich bin nun einmal im Iran geboren, das konnte ich mir nicht aussuchen. Aber ich kann mir das Sujet meiner Filme aussuchen. Natürlich könnte ich auch einfach Komödien drehen, die sind im Iran sehr beliebt und man kann sehr gut Geld damit verdienen. Aber ich denke, das Mindeste, was ich machen kann, ist, Menschen eine Stimme zu geben, die in meinem Land ansonsten nicht gehört werden.
ZEIT ONLINE: In Yalda nutzen sie eine Fernsehshow, um einen Querschnitt der iranischen Gesellschaft zu zeigen. Sie verhandeln darin Themen wie das dem islamischen Recht innewohnende Prinzip der Vergeltung und des Blutgeldes, das Phänomen der Zeitehe sowie soziale Klassenunterschiede und patriarchale Strukturen. Da die Figuren und ihre Schicksale aus dem wirklichen Leben zu stammen scheinen, bekommt man eine Ahnung von deren von Repressionen geprägten Alltag. Wie ist Ihnen die Idee zu Yalda gekommen?
Bakhshi: Es gibt einige sehr gute Dokumentarfilme von Regisseurinnen, die sich mit der Situation in den iranischen Frauengefängnissen auseinandersetzen, in denen junge Mütter teilweise mit ihren Kindern leben. Es sind meistens Frauen aus sozial schwächeren Familien. Diese Filmemacherinnen haben ihre Protagonistinnen über einen längeren Zeitraum begleitet und man erfährt in diesen Filmen viel über häusliche Gewalt und patriarchale Repression. Ich habe weiter recherchiert und das Drehbuch immer wieder aktualisiert.
ZEIT ONLINE: Der Film ist kein klassisches Sozialdrama, sondern ein Kammerspiel in einem Fernsehstudio. Wo lag Ihr Fokus, auf dem satirischen Moment oder auf der menschlichen Tragödie?
Bakhshi: Natürlich wollte ich auch die Show, diese Art der Unterhaltung hinterfragen und die Rolle der Medien in unserer Welt vorführen. Ich wollte zeigen, wie sie Gefühle manipulieren, um die Vorurteile des Publikums zu befördern. Aber als ich mit den Schauspielern anfing, die Charaktere zu entwickeln, wurde mir bewusst, dass man deren Alltag und die Lebensumstände begreifen muss, dass die Figuren präzise und authentisch sein müssen. Je realer ihre Geschichte erscheint, desto mehr kann ich auch die Sensationslust dieser Show reflektieren.
ZEIT ONLINE: Die Show in Ihrem Film heißt Freude der Vergebung. Und in dieser Form existiert sie wirklich im iranischen Fernsehen?
Bakhshi: Ja, zwölf Jahre lang war sie eine der populärsten Shows im Iran. Merkwürdigerweise wurde die Sendung 2018 kurz vor der Fertigstellung meines Films eingestellt. Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt. Jedenfalls bin ich froh, dass sie nicht mehr ausgestrahlt wird. Wir haben viele Elemente aus dieser Sendung übernommen. Tatsächlich gibt es anonyme Sponsoren, die das Blutgeld zahlen. Je mehr SMS eingehen, die für Vergebung stimmen, desto mehr Geld kommt zusammen. Bei der Teilnahme gibt es auch immer etwas zu gewinnen.
ZEIT ONLINE: Können Sie den Begriff des Blutgeldes kurz erklären?
Bakhshi: Das Gesetz der Vergeltung, diese Vorstellung von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, ist ein integraler Bestandteil des islamischen Rechts. Ist die Familie des Opfers bereit zu verzeihen, gibt es keine Hinrichtung. Je nach Straftat muss der Verurteilte eine Haftstrafe absitzen und ein Blutgeld an die Familie des Opfers zahlen. Für die Höhe dieser Summe gibt es genaue Vorgaben.
ZEIT ONLINE: In Ihrem Film ist es eine junge Frau, die um Gnade bittet. Da es sich um ein Kammerspiel handelt, ist die visuelle Ebene reduziert und konzentriert. Wie nimmt diese Figur dennoch reale Gestalt an?
Bakhshi: Ich komme vom Dokumentarfilm und ich habe meine Schauspielerinnen und Schauspielern aufgefordert, sich ein Vorbild im wirklichen Leben zu suchen. Sadaf Asgari, die Darstellerin der Maryam, verfolgte Gerichtsprozesse und besuchte verurteilte Frauen im Gefängnis. Sie hat die Geschichte ihrer Figur verinnerlicht, deshalb wirkt sie sehr authentisch. Auch haben wir versucht, ihren Zustand zu visualisieren. Sie sitzt auf der Bühne quasi wie in einem Gefängnis. Sie wird vom Scheinwerferlicht geblendet, sie kann das Publikum im Saal genauso wenig sehen wie die Menschen hinter den Kulissen und an der Technik. Sie wirkt sehr schutzlos. Da ich die Einheit von Zeit und Ort bewahren wollte, konnte ich nicht mit Rückblenden arbeiten. Doch in diesen Shows werden die Beteiligten und der Fall in einer kurzen, meist sehr reißerischen Reportage vorgestellt. Das habe ich übernommen und so konnte ich die Hintergründe und Fakten liefern, die das Publikum braucht.
Das komplette Interview finden Sie hier.
Mit:
Mit: | Reyhaneh Jabbari |
Shole Pakravan | |
Fereydoon Jabbar | |
Shahrzad Jabbari | |
Sharare Jabbari |
Als Reyhaneys Stimme: | Zar Amir Ebrahimi |
Stab
Regie & Drehbuch | Steffi Niederzoll |
Produzent*innen | Melanie Andernach, Knut Losen |
Koproduzent*innen | Laurent Lavolé, Milena Poylo, Gilles Sacuto |
Producer | Eva Laass, Céline Loiseau, Sina Ataeian Dena |
Montage | Nicole Kortlüke |
Dramaturgie | Sina Ataeian Dena |
Bildgestaltung | Julia Daschner, bvk |
Musik | Flemming Nordkrog |
Verleih | Little Dream Pictures |
Internationaler Titel | Seven Winters in Tehran |
Kinostart | 14.09.2023 |
Gefördert von | Film- und Medienstiftung NRW, BKM, FFA, Eurimages, CNC, Région Ile de France in Zusammenarbeit mit CNC |

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Verfügbar auf
Der Film ist noch vereinzelt im Kino zu sehen. Solange wird er auf keinen Streamingplattformen angeboten.
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